FRAGMENTE AUS ARCHIVDOKUMENTEN UND INTERVIEWS, DIE IN DER PERFORMATIVEN INSTALLATION BENUTZT WERDEN (EINE AUSWAHL)
1. CNSAS (Nationaler Rat für die Aufarbeitung der Securitate-Archive) / Fonds I 256686 Bd. 1 /Liviu Ciulei / Seite 121 (Agent „Preda“, Datum: 9. April 1963)
Angesichts der Form, in der Liviu Ciulei diese Theaterstücke inszenieren wollte, und zwar mit Brechts Musik, die einiges aus der damaligen Zeit aufdeckt, verlangte Ciulei, dass sie in den westlichen Jazz (Twist, Rock usw.) übertragen wird, wodurch die im Stück verfolgten Ideen verzerrt wurden. Er war mit der Besetzung des Theaters nicht zufrieden, sondern forderte die Direktion auf, Maria Tănase, Margareta Pîslaru, Bebe Prisada und das Electrecord-Orchester (das in einem Auto auf der Bühne erscheinen sollte) zu verpflichten, um in der „Dreigroschenoper“ zu spielen und dafür fabelhafte Honorare zu erhalten. […] Nach dieser Analyse nahm Lazăr Vrabie die oben genannten Stücke aus der Probe heraus, was Ciulei dazu veranlasste, sich mit Vrabie zu streiten und sich an das Komitee für Kultur und Kunst zu wenden, um die Wiederaufnahme der Stücke ins Repertoire zu fordern.
2.CNSAS (Nationaler Rat für die Aufarbeitung der Securitate-Archive) / Fonds I 256686 Bd. 1 / Liviu Ciulei / Seite 156 (Agent „N. Ionescu“, 372/14 Januar 1963)
Seine jüngste Reise nach Berlin hat ihn zu einem begeisterten Bewunderer des Berliner Ensembles (Brechts Theater) gemacht, von dem er immer als einem der wertvollsten künstlerischen Kollektive der Welt spricht, das er als ein Modell der militanten kommunistischen Kunst betrachtet.
Seite 214 (Quelle „Sinaia“, 371/22. 11. 1960): Der technische Direktor N. Crisu vom selbenen Theater sagte mir zum gleichen Thema: “[…] Und in Passacaglia hat Liviu Ciulei in den Teilen, in denen die Deutschen auftreten, das Stück nicht richtig verarbeitet. Er stellt einen Deutschen dar, der zu freundlich, zu sanft, zu gut ist. Und es ist selbstverständlich, dass das so nicht funktioniert.”
3. CNSAS (Nationaler Rat für die Aufarbeitung der Securitate-Archive) / Fonds: I 261295, Bd. 1 / Marion-Felicitas HAASE (Deckname „HELLEN“), Stellvertretende Leiterin des Kulturinstituts der BRD in Bukarest / des Goethe-Instituts Bukarest von 1986 – 1989, Seite 1
In Anbetracht der Tatsache, dass die oben Genannte die Stelle der stellvertretenden Direktorin des Kulturinstitutes der BRD in Bukarest übernommen hat, die zuvor von der Zielperson „SUCIU“ besetzt wurde, und der Tatsache, dass das GOETHE-Institut in München und seine Zweigstellen in verschiedenen Ländern vom westdeutschen Nachrichtendienst für geheimdienstliche oder andere feindliche Aktionen genutzt werden,
Schlagen wir vor: Die Erstellung einer Informationsakte über die westdeutsche Bürgerin HAASE MARION MARION FELICITAS.
4. CNSAS (Nationaler Rat für die Aufarbeitung der Securitate-Archive) / Fonds: I 261295, Bd. 1 / Marion-Felicitas HAASE (Deckname „HELLEN“), Stellvertretende Leiterin des Kulturinstituts der BRD in Bukarest / des Goethe-Instituts Bukarest von 1986 – 1989
Seite 23 / Vermerk vom 10.12.1986, Quelle: „Popescu Traian“: Die Quelle teilt folgendes über Frau Marion Haase mit. ”Ich habe am 2.12.2986 und am 26.11.1986 Kurse in der Gruppe der oben Genannten besucht. Im Rahmen dieser Kurse brachte sie uns die neuesten Zeitungen der BRD (FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, FRANKFURTER RUNDSCHAU, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG) mit, die sie als unabhängige Zeitungen bezeichnete und von denen sie meinte, dass sie nicht die Interessen einer politischen Partei vertreten und die verfassungsrechtlichen Bestimmungen respektieren. Sie fügte hinzu, dass es auch Publikationen politischer Parteien gebe, allerdings mit einer geringen Auflage. Bei der Vorstellung der BILD ZEITUNG erklärte sie, dass die Zeitung die DDR in Anführungszeichen setze, was bedeute, dass die DDR nicht als Staat anerkannt sei. Unter den anderen Artikeln bemerkten wir den Fall von drei DDR-Bürgern aus Rostock (Sportler), die sich legal in der BRD aufhielten. Vor der Pause fragte sie uns, ob wir ein paar Minuten Pause machen oder einfach mit dem Unterricht weitermachen wollten, und fügte ironisch hinzu: ‘Hier will ich für echte Demokratie sorgen’.”
Seite 32 / ZUSAMMENFASSENDER VERMERK vom 24. 02. 1987: “[…] Im Rahmen einiger Vorträge machte sie tendenziöse Äußerungen gegen das Regime in unserem Land, weil sie der Meinung war, dass es keine echte Demokratie gewährleisten würde. Sie bemühte sich auch, den Kursteilnehmern die Demokratie des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland zu veranschaulichen (das Vorhandensein eines Mehrparteiensystems, die Unabhängigkeit der Zeitungen, usw.). Der Kreis der Beziehungen unter den rumänischen Bürgern erweitert sich ständig […]“.